BCAA die verzweigtkettigen Aminosäuren Leucin, Isoleucin und Valin

Die verzweigtkettigen Aminosäuren Leucin, Isoleucin und Valin

(BCAAs von engl. Branched chain amino acids) unterstützen Fettabbau und gleichzeitig Muskelaufbau

 

Chemie

Aminosäuren im Allgemeinen

Aminosäuren sind in erster Linie Bausteine der Eiweißbiosynthese. Da die Aminosäuren im Stoffwechsel vielfältig verändert werden können, stellen sie eine wichtige Stufe für die Synthese anderer körpereigener Stoffe dar.

Die meisten Aminosäuren sind gut wasserlöslich. Von den über hundert aus Organismen isolierten Aminosäuren kommen nur zwanzig regelmäßig als Eiweißbestandteile vor. Der menschliche Organismus ist in der Lage zwölf der zur Eiweißsynthese ständig benötigten Aminosäuren selbst herzustellen. (nicht-essentielle Aminosäuren). Die restlichen acht müssen über die Nahrung zugeführt werden (essentielle Aminosäuren).

 

BCAAs

Drei der acht essentiellen Aminosäuren bezeichnet man auf Grund des verzweigten Musters der seitlichen Ketten, die an das Kohlenstoffgerüst der Aminosäuren angebunden sind, als verzweigt-kettige Aminosäuren (BCAAs von engl. Branched chain amino acids). Diese drei verzweigtkettigen Aminosäuren sind Isoleucin, Leucin und Valin. Auf Grund ihrer Struktur ohne funktionelle Gruppen erhält der Kohlenstoffwasseranteil des Aminosäuremoleküls hydrophobe (wasserabweisende) Eigenschaften. Somit sind BCAAs im Gegensatz zu den meisten anderen Aminosäuren relativ schlecht wasserlöslich und begrenzen somit auch die Wasserlöslichkeit vieler Aminosäuregemische.

 BCAAs erfüllen im Körper ähnliche Funktionen und werden zum Aufbau fast aller Proteine benötigt. Ungefähr 35% der Muskulatur bestehen aus BCAAs. Während die meisten Aminosäuren in der Leber verstoffwechselt werden, werden die BCAAs direkt im Muskel verstoffwechselt. Sie sind maßgeblich am Energie- und Stickstofftransport zwischen Muskulatur und Leber beteiligt, wobei sie reversibel zu den entsprechenden Ketosäuren umgewandelt werden. Der größte Teil der BCAAs wird jedoch im Energiestoffwechsel verbraucht. Eine wichtige Rolle spielt aber auch die Anwesenheit von L-Alanin als Schutz des so wichtigen L-Leucins vor zu schneller Verwertung.

 

BCAA´s und Ausdauer

Anstrengendes Ausdauertraining führt zu einer Abnahme im BCAA-Pool. Gleichzeitig führt Ausdauerbelastung zu Katabolismus im Muskel, um diese mit einem konstanten BCAA-Vorrat zu versorgen. Bei einem Ausdauerwettkampf können 10 bis 15% des Energiebedarfs von BCAAs gedeckt werden.

Eine weitere Wirkung haben BCAAs durch ihre Fähigkeit, gemeinsam mit Tryptophan im Transport über die Blut-Hirn-Schranke zu wetteifern. Tryptophan ist Vorstufe von Serotonin, das im Gehirnals „Schlafsignal“ wirkt. Ein niedriger Spiegel an anderen, neutralen Aminosäuren ermöglicht größeren Mengen Tryptophan in das Gehirn einzudringen, wodurch eine größere Menge Serotonin produziert wird. Eine Abnahme an Plasma-BCAAs während einer Ausdauerbelastung verringert das Verhältnis von BCAAs zu Tryptophan. Somit können größere Mengen Tryptophan ins Gehrin eindringen und es wird mehr Serotonin produziert.

Eine BCAA-Ergänzung vor uns insbesondere auch während einer Ausdauerbelastung kann diese Verschiebung des Verhältnisses verhindern und somit die vermehrte Produktion von Serotonin unterdrücken. Dies führt zu weniger Ermüdung und verbesserter Ausdauer.

Können BCAA´s das Training erleichtern?

Schwedische Wissenschaftler führten eine Studie ^4 durch, wobei Testpersonen die wahrgenommene Anstrengung beurteilen mussten. Die Personen mussten mit 70% ihrer maximalen Kraft Rad fahren und erhielten entweder BCAAs oder ein Placebo. Alle 10 Minuten mussten sie wahrgenommene Anstrengung und Ermüdung beurteilen. Es stellte sich heraus, dass die mit BCAAs versorgten Personen eine um 7% verminderte wahrgenommene Anstrengung hatten und gleichzeitig eine um 15% geringere Ermüdung.

Es wurden jedoch keine Unterschiede in der Trainingsleistung festgestellt. Es muss dem zu Folge noch in einer weiteren Untersuchung überprüft werden, ob Leistungszuwächse mit der geringer wahrgenommenen Anstrengung in Verbindung gebracht werden können. Doch es erscheint sinnvoll, dass höhere Leistungen erbracht werden können, wenn das Training leichter fällt.

Wirkungen von BCAA´s auf den Gehirnstoffwechsel

BCAAs haben einen Einfluss auf die Psyche. Sie werden, ähnlich wie die Aminosäuren Phenylalanin, Tyrosin und Tryptophan vorbei an der Blut-Hirn-Schranke ins Gehirn eingeschleust. Dieser Mechanismus kann jedoch durch ein geändertes Konzentrationsverhältnis dieser sechs Aminosäuren untereinander, z.B. durch eine vermehrte Verstoffwechselung der BCAAs, gestört werden.

Die Folge ist ein vermehrtes Einströmen von Tryptophan und Phenylalanin, wodurch Serotonin und Tryptamin vermehrt synthetisiert werden können. Dies führt zu Ermüdung bis hin zur Bewusstlosigkeit (Coma Heptikum).

Eine Supplementierung durch BCAAs kann diesen Zustand lindern und das Gleichgewicht der Aminosäuren zueinander wieder herstellen.

 

Die Ergänzung von BCAAs im Plasma erhält das Verhältnis zwischen BCAAs und Tryptophan, wodurch weniger Serotonin gebildet wird und die Ausdauer des Sportlers verbessert wird.

Wie wirken BCAA´s auf den Fettabbau?

Als Brennstoffe sind BCAAs wichtig für die Kohlenhydratentleerung bei Athleten. Französische Wissenschaftler ^5 untersuchten wie der Fettabbau in einer kalorienbeschränkten Studie gesteigert werden kann. 25 Ringer wurden in 4 Gruppen aufgeteilt. Alle vier Gruppen erhielten eine kalorienbeschränkte Ernährung mit 28 kcal je kg Körpergewicht. Die erste Gruppe erhielt eine ausgeglichene Ernährung, die zweite gruppe ernährte sich proteinarm, die dritte Gruppe ernährte sich proteinreich und die vierte Gruppe erhielt eine zusätzliche BCAA-Ergänzung.

Es wurde festgestellt, dass die Abnahme an Körperfett bei den Personen, die die BCAA-Ergänzung erhielten am größten war.

Wirkung von BCAA bei Krankheiten?

Trauma oder Operationen können im Körper einen erhöhten Bedarf an Aminosäuren entstehen lassen. In solchen Situationen können BCAAs einen Muskelabbau verhindern.

Auch bei Folgeerscheinungen von Alkoholismus sind BCAAs wirkungsvoll eingesetzt worden. So sind sie hilfreich bei der Behandlung von Leberkoma, einer Leberschädigung in Folge von Alkoholismus, und konnten in manchen Fällen sogar einen Rückgang bewirken. Weiterhin können sie durch ihren Einfluss auf die Neurotransmitter des Gehirns helfen, einige ungünstige Wirkungen von chronischen Lebererkrankungen zu verhindern.

Neuere Studien haben gezeigt, dass die drei Aminosäuren hilfreich in der Behandlung von ALS, auch bekannt als Lou-Gehring-Krankheit, sind. Hierbei handelt es sich um eine vielfach tödliche Krankheit mit starkem Muskelabbau, für die bisher noch keine andere effektive Behandlungsmethode gefunden worden ist. Während einer Pilotstudie ^6  wurden neun ALS-Patienten mit BCAA behandelt. Acht von ihnen erlangten innerhalb der Dauer der Pilotstudie von einem Jahr ihre Muskelkraft wieder und waren weiterhin in der Lage zu laufen. Fünf von neun Personen in der Kontrollgruppe verloren innerhalb der Versuchsdauer die Fähigkeit zu laufen.

Diese Erkenntnisse können auch auf Sportler übertragen werden, um Muskelabbau in verletzungsbedingten Trainingspausen zu verhindern.

 

Bedarf an BCAA´s

Mangel und Überangebot an BCAAs

Durch Energiemangel eingetretene Verluste an freien verzweigtkettigen Aminosäuren müssen möglichst rasch wieder ersetzt werden, damit der Organismus nicht durch weitere Energiebereitstellung auf BCAAs aus den körpereigenen Proteinen zurückgreift.

Grundbedarf an BCAAs

Der Grundbedarf an essentiellen Aminosäuren, unter der Voraussetzung, dass die nicht-essentiellen Aminosäuren in ausreichender Menge vorhanden sind und gleichzeitig keine körperliche Aktivität stattfindet, wurde bereits 1949 von ROSE ermittelt. Demzufolge beträgt der mittlere Basisbedarf pro Tag:

 

Leucin      1,1g

Isoleucin  0,7g

Valin         0,8g.

 

Bedarf bei Sportlern

Um jedoch belastungsbedingte Eiweißkatabolie (wie z.B. nach Ausdauerleistungen) auszugleichen oder anabole (muskelaufbauende) Zustände herzustellen, sind erheblich höhere Mengen notwendig. So werden je nach Körpergewicht und Trainingsbelastung bis zu 8 Mal mehr als der Basisbedarf an Aminosäuren benötigt.

Einsatz von BCAA´s als Sportsupplement

Als optimaler Zeitpunkt zur Einnahme von freien BCAAs als Sportsupplement hat sich eine ½ bis ¾ Stunde vor einem Muskelaufbautraining bewährt.

BCAAs sollten immer in einem optimalen Verhältnis zueinander eingenommen werden. Das Verhältnis ist:

Leucin:Isoleucin:Valin 2:1:1

 Um Leucin vor zu schneller Verwertung zu schützen, ist die Zugabe von L-Alanin sehr sinnvoll. Das Verhältnis ist:

Leucin:Isoleucin:Valin:Alanin → 2:1:1:0,5

 

 

               Das optimale Verhältnis:

Leucin : Isoleucin : Valin : Alanin

                     2       :         1       :    1   :  0,5 

                                                  

Eine optimale Dosis liegt bei 5 bis 20g BCAAs pro Tag, wobei 1 – 2g je 10kg Körpergewicht eingenommen werden sollten. Um den Verlust von Substanz durch Abbauvorgänge zu verhindern, sollte eine Einzeldosis 10g jedoch nicht überschreiten. Die Tagesdosis sollte maximal 50g BCAAs betragen.  

BCAA-Zusammenfassung

Sportler haben einen erhöhten Bedarf an BCAAs. Für Ausdauersportler ist es wichtig, rechtzeitig ein Ergänzungsmittel zu sich zu nehmen, um zu verhindern, dass körpereigenes Protein abgebaut wird und um Energiemangelzustände auszugleichen. Bodybuilder müssen insbesondere in der Definitionsphase darauf achten, genügend BCAAs zuzuführen, um nicht in einen katabolen Zustand zu verfallen. Bei einem BCAA-Mangel besteht die gefahr, dass Muskelmasse abgebaut wird.

 

Funktionen der BCAAs im menschlichen Körper:

  • Bausteine fast aller Proteine

  • Alternative Energieträger, insbesondere für Muskelzellen

  • Förderung der Muskelproteinsynthese insbesondere für Muskelzellen

  • Stimulation der Insulinausschüttung insbesondere durch Leucin ohne Senkung der Blutglukosekonzentration

  • Normalisierung der Tryptophankonzentration im Gehirn und damit der Serotoninkonzentration

  • Hemmung des Proteinabbaus durch das Leucin-Abbauprodukt Ketoleucin (Erhalt von Muskelsubstanz auch unter typisch katabolen Bedingungen

 Quelle: Friedrich Reuss, Bedeutung der verzweigtkettigen Aminosäuren in der Ernährung und Sportmedizin

 

Quellen

Indizes:

^1 Human Performance Laboratory at Old Dominion University, Norfolk Virginia

^2 Bericht der Weider Research Group, Muscle & Fitness

^3 Department of Biochemistry der Oxford University, England

^4 Bericht der Weider Research Group, Muscle & Fitness

^5 Bericht der Weider Research Group, Muscle & Fitness

^6 Studie des Department of Biochemistry der Oxford University in Oxford, England Studie

  

Quellen:

Muscular Development, Ausgabe November 1996 Seiten 184-204: BCAA Benefits depend on Route of Administration;

Muscle & Fitness Seiten 31-33 von Dr. Bob Lefavi: Optimierung des Trainings;

Muscle & Fitness, Ausgabe Oktober 1994 Seiten 82-85: Branched-chain Amino Acid research;

How BCAAs support peak performance; Muscle & Fitness Seiten 107-110, von der Weider Research Group; Muscle & Fitness Seite 142 Bodybuilding Wissenschaft (von der Weider Research Group); Flex Seiten 89-91 Jerry Brainum High-Tech Ernährung, Nahrungspräparate der Zukunft; Friedrich Reuss, Dipl-chem., Aminosäuren, Die Bedeutung der verzweigtkettigen Aminosäuren in der Ernährung und Sportmedizin; Volker Klein, Das Body Konzept NGV1997; Internet:  www.bodybuildingworld.com; www.paulun.com .